Eine lebendige Thur: Mehrwert für Mensch und Natur
Intakte Gewässer und Auen sind Grundwasserreservoirs, filtern Nährstoffe aus dem Wasser, halten Treibhausgase zurück und dienen dem Hochwasserschutz. Hinzu kommt ein enormer Gesundheits- und Erholungsnutzen, ästhetische und emotionale Werte sowie ihr Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt. Möchten wir diesen enormen Nutzen auch für zukünftige Generationen sichern, müssen wir jetzt handeln und für den Erhalt und die Wiederherstellung intakter Gewässerlebensräume entlang der Thur und in der gesamten Schweiz kämpfen.
Hochwasserschutz
Je mehr Raum ein Fluss hat, desto mehr Wasser kann schadlos abfliessen. Wo immer möglich sollten wir den Hochwasserschutz daher durch einen ausreichend grossen Gewässerraum sicherstellen. Zudem können sich Fliessgewässer innerhalb eines grösseren Gewässerraums dynamisch entwickeln und neue Strukturen schaffen. Eine Win-Win-Situation für Mensch und Natur. Die vergangenen Hochwasserereignisse entlang der Thur haben gezeigt, dass der Hochwasserschutz zwischen den alten Dämmen nicht garantiert werden kann. Infolge des Klimawandels ist in Zukunft mit häufigeren und grösseren Hochwassern zu rechnen. Der Aufwand, die Dämme laufend zu verstärken und zu erhöhen, wäre gross. Innerhalb eines breiteren Flussbetts kann dagegen mehr Wasser schadlos abfliessen. Oberstes Ziel des Hochwasserschutzkonzepts Thur+ muss es daher sein, der Thur wieder mehr Raum zu geben.
Nährstofffilter für sauberes Trinkwasser
Auen liegen wie ein Puffer zwischen landwirtschaftlich genutzten Flächen und unseren Gewässern. Dort wirken sie als Filter, nehmen Nähr- und Schadstoffe auf und verhindern, dass diese in unsere Gewässer gelangen. Seit 1850 sind allerdings rund 90 Prozent der Auen verschwunden [1] und das BAFU warnt mittlerweile sogar davor, dass insbesondere in Regionen mit intensiver landwirtschaftlicher Nutzung die Qualität unseres Trinkwassers gefährdet ist [2].
Der Kanton Thurgau muss daher mit dem Hochwasserschutzprojekt Thur+ für eine konsequente Wiederanbindung der Auen von nationaler Bedeutung sorgen – wie es übrigens auch die Auenverordnung verlangt. Bislang ist im Konzept lediglich die Anbindung von etwa sechs der zwölf Auenkilometer im Projektgebiet vorgesehen - das reicht nicht!
Raum für Aktivität und Erholung
Naturnahe Flusslandschaften haben einen hohen Erholungswert und wo Gewässer natürlich und zugänglich sind, werden sie von uns Menschen zur Naherholung, für Sport und Spiel genutzt. Gerade für Kinder und Jugendliche sind naturnahe Gewässer wichtig: Hier können sie ihren Drang nach Entdeckung und Abenteuer ausleben sowie heimische Pflanzen und Tiere beobachten. Kaum überraschend wünschen sich daher auch die Thurgauerinnen und Thurgauer eine natürliche Thur mit breitem Flussbett, dynamischen Auenwäldern und einfachen Zugängen zum Gewässer. Eine Mehrheit der Bevölkerung befürwortet hierfür auch die Ausweitung des Flussbettes. Dies hat eine jüngst veröffentlichte, repräsentative Bevölkerungsbefragung des Forschungsinstituts gfs-zürich ergeben.
Dynamisch und Artenreich
Gewässer und ihre Uferbereiche sind artenreiche Lebensräume und wichtige Vernetzungselemente in der Landschaft. Besonders wertvoll für die Biodiversität sind Gewässer dann, wenn ihnen ausreichend Raum zur Verfügung steht. So leben auf den letzten verbliebenen Auenflächen der Schweiz beispielsweise 1'500 Pflanzenarten. Dies entspricht in etwa der Hälfte der insgesamt in der Schweiz vorkommenden Pflanzenarten [4] – und dies auf lediglich 0.55 Prozent der Landesfläche [5]. Erste Pilotprojekte entlang der Thur, beispielweise im Schaffäuli, zeigen eindrücklich, was möglich wäre, wenn wir der Thur wieder mehr Raum für eine eigendynamische Entwicklung geben: Kiesbänke, auf denen Pionierpflanzen wie die deutsche Tamariske wachsen, Uferanrisse, in denen Eisvögel nisten oder ruhige Hinterwasser, in die sich Fische zurückziehen.
Die IG Lebendige Thur fordert mehr Raum für die Biodiversität, Naherholung und den Hochwasserschutz entlang der Thur. Geben auch Sie der Thur Ihre Stimme und fordern Sie mit uns ein Projekt, das die Thur nachhaltig aufwertet – für Mensch und Natur!
Einfach und direkt mit Hilfe unseres Vernehmlassung-Formulars:
Quellen:
- Eawag (2013): Faktenblatt Gewässerraum. Seite 2.
- www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/wasser/dossiers/grundwasserschutz-gutes-trinkwasser-ist-nicht-mehr-selbstverstaendlich.html. Zugriff: 15.11.2020.
- Gfs-zürich (2020): Repräsentative Bevölkerungsbefragung Hochwasserschutzprojekt Thurtal.
- BUWAL (2005): Das Aueninventar. Seite 18.
- WWF (o.J.): Unsere Gewässerperlen. Wo sich die wertvollsten und natürlichsten Fliessgewässer der Schweiz befinden. – und wie wir sie besser schützen. Seite 3.